In China herrscht derzeit eine Debatte um die Option der Trennung von E-Auto und Akku.

Das chinesische Elektroauto-Start-Up NIO strebt diese an. So soll die Batterie künftig im Rahmen eines “BaaS-Angebots (Battery as a Service)” auf den Straßen unterwegs sein. Die Idee weckt Erinnerungen an Renaults Konzept beim Zoe. Dafür will NIO eine eigene Firma zur Verwaltung der Batterieressourcen gründen. Ein Investment des führenden chinesischen Autobatterieherstellers CATL steht ebenfalls zur Diskussion. Auch die Kapitalfirmen Guotai Junan Financial Products und Hubei Provincial Science and Technology Investment Group sind beteiligt. Alle vier Unternehmen wollen rund 25 Millionen Euro in die Gemeinschaftsfirma stecken. Es sollen also „Batterie-Banken“ entstehen. Dem Fahrer eines NIO E-Autos soll es so ermöglicht werden, dass ganz auf seine Bedürfnisse eingegangen wird: Statt die Batterie zu kaufen, wird sie gemietet. Für Fahrten in der Stadt beispielsweise wird ein kleines Akku-Paket ausgewählt, für Fahrten in den Urlaub ein großes.

Das Unternehmen profitiert in China von einer Ausnahmeregel bei der Förderung von Elektroautos. Denn diese greift normalerweise nur noch für Pkw-Modelle bis zu einer Grenze von 37.000 Euro und käme damit für die meisten NIO-Modelle nicht mehr in Frage. Fahrzeuge mit Akku-Wechselsystemen werden allerdings auch oberhalb dieses Preises noch vom chinesischen Staat unterstützt. Beim Kauf eines NIOs entscheidet man sich neben dem Modell an sich, auch für ein Lademodell: Durch die Option des tauschbaren Akkus reduziert sich der Kaufpreis des Fahrzeugs und eine monatliche Akku-Miete kommt hinzu. Das Tauschen hingegen ist kostenlos.

Einschätzung

Wie der chinesische Autobauer schon Mitte des Jahres berichtete, erreichte das Unternehmen am 25. Mai in China mit seinen SUV-Modellen NIO ES6 und ES8 den Meilenstein von einer halben Million Batteriewechseln – und das in zwei Jahren. Dafür betreibt NIO in China mittlerweile ein Netz von 143 automatisierten Akku-Wechsel-Stationen, in denen ein Roboter innerhalb weniger Minuten den leeren Speicher ausbaut und einen vollgeladenen montiert. Für 2021 sind 300 weitere Stationen geplant.

In China bieten die Batterie-Wechselboxen eine echte Alternative, da in den Megacities schlicht kein Platz für große Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Auch die langen Distanzen in China sind ein guter Anwendungsbereich: Bspw. die G4, die den Norden mit dem Süden Chinas über eine Distanz von 2300 Kilometern verbindet: Dort baute NIO sein erstes Pilotprojekt auf. Eine Box beanspruchte den Platz von drei Stellplätzen, brauchte 18 Stunden zur Installation und hat vier Akkus vorrätig, die eine Stunde zum Laden benötigen. Der Akku-Bedarf wird per mobilem Internet in Echtzeit überwacht. In China ist diese Technik schon im Einsatz. NIO plant zukünftig in weitere asiatische Länder und nach Europa zu expandieren, allerdings mit einem Horizont von ein bis zwei Jahren. Bis 2024 wollen sie international vertreten sein.

Diese simpel klingende Idee der „Wechsel-Akkus“ hält jedoch noch einige Herausforderungen bereit. Das Unternehmen Better Place fuhr 2013 mit einem ähnlichen Projekt spektakuläre 850 Millionen Dollar gegen die Wand. Die damaligen Batteriewechsel-Stationen waren zu teuer, zu groß und technisch noch nicht ausgereift. Viele der Patente hat NIO erworben und möchte dies nun kostengünstiger umsetzen.

Ca. 3,5 Minuten dauert ein Akku-Wechsel; inklusive Ein- und Ausfahrt ist die Sache in rund fünf Minuten erledigt. In der Vision fährt das Fahrzeug schon autonom in die Wechselbox, in der Realität muss noch selbst eingeparkt werden.

Laut dem CEO von NIO, William Li, wird die Technologie im Gegensatz zu der von Better Place aus zwei verschiedenen Gründen funktionieren: Erstens sei sie deutlich günstiger (ca. ein Zehntel der Better Place-Boxen) und zweitens technisch deutlich ausgereifter. Beispielsweise sind in den Boxen automatische Hebebühnen verbaut, die es dem Wechselroboter erleichtern, den Akku millimetergenau zu platzieren und zu montieren. Es bestehen trotzdem weiterhin Probleme: Die Kosten sind immer noch recht hoch, technische Fehler treten auf und die Boxen werden derzeit noch von Menschen betreut, arbeiten also noch nicht vollautomatisch. Wechsel-Akkus sind eine mögliche Lösung für das Reichweitenproblem. Eine gut ausgebaute Schnellladeinfrastruktur allerdings auch. Die perfekte Lösung ist wahrscheinlich eine Mischung – wie sie von NIO auch angestrebt wird.