Ein Interview mit Rüdiger Lang, Principal bei Consileon 

Künstliche Intelligenz ist längst mehr als ein Hype, sie verändert Wertschöpfung, Prozesse und Geschäftsmodelle. Doch während viele Unternehmen erste Tools testen, fehlt es oft an Struktur, Governance und eine klaren KI-Strategie. Rüdiger Lang, Principal bei Consileon, erklärt im Interview, warum KI nicht länger im Pilotstatus verharren darf, welche Schritte wirklich zählen und wie Unternehmen den Übergang ins Kerngeschäft erfolgreich gestalten können. 

Herr Lang, viele Unternehmen sprechen über KI. Aber wo stehen sie wirklich? 

In vielen Fällen ist KI heute noch ein „Buzzword mit Pilotcharakter“. Unternehmen experimentieren, probieren Tools aus, meist ohne übergreifende Strategie. Meist fehlt eine klare Governance, ein exakt definiertes Ziel und die Fähigkeit, KI wirklich skalierbar in die Wertschöpfung zu integrieren. Viele Unternehmen setzen heute kleine KI-Use-Cases um, wie beispielsweise Co-Pilot, der bei einzelnen Arbeitsschritten unterstützt. Wir erwarten den größten Hebel jedoch bei der Umsetzung von KI-Use-Cases, die vertikal, also entlang der Geschäftsprozesse wirken. Genau da setzen wir gemeinsam mit unseren Kunden an: mit einem strukturierten Einstieg, einem fundierten Reifegrad-Audit und der Entwicklung passender Use Cases.

>>> Mehr zur Entwicklung einer individuellen KI-Strategie

Sie bieten z. B. einen KI-Führerschein an, was steckt dahinter?

Der KI-Führerschein ist unser praxisnahes Einstiegstraining, mit dem Teams Künstliche Intelligenz konkret erleben, nicht nur theoretisch verstehen. Statt trockener PowerPoint geht es um aktives Ausprobieren: Eigene Chatbots bauen, Prozesse mit No-Code-Tools automatisieren, Prompts entwickeln oder sogar KI-generierte Inhalte wie ein Musikstück erstellen. Das Format senkt Einstiegshürden, macht Lust auf KI und zeigt, wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten im Arbeitsalltag schon heute sind. Gleichzeitig thematisieren wir Fragen rund um Regulierung und Sicherheit, etwa im Hinblick auf den EU-AI-Act. Für viele ist das Training der erste Schritt, um KI nicht nur als Schlagwort, sondern als Werkzeug aktiv in ihre Arbeitsprozesse zu integrieren. Um auch auf der Führungskräfteebene die Potenziale von KI aufzuzeigen, bieten wir spezielle KI-Workshops für Entscheider an, die auf strategische Themen wie Wertschöpfungstiefe KI eingehen. 

Und danach? Wie geht’s weiter?

Je nach Reifegrad und Zielsetzung folgt meist ein KI-Audit, also die Analyse der organisatorischen, technischen und kulturellen Voraussetzungen. Daraus leiten wir Handlungsempfehlungen ab, die wir in einem Workshop mit der Führungsebene vertiefen. Besonders wichtig ist, dass KI nicht als technische Spielerei verstanden wird, sondern als ein Tool, das echten Mehrwert liefern kann. Auch und gerade in Geld.  

Was ist aus Ihrer Sicht die größte Gefahr bei der KI-Einführung? 

Dass Unternehmen mit einem KI-Use-Case starten, ohne sich Gedanken über die KI-Strategie zu machen. Die KI-Strategie legt den Rahmen für die Umsetzung der KI-Use-Cases fest. Dadurch werden Use Cases mit dem größten Mehrwert angegangen und Insellösungen, Schatten-IT oder Sicherheitslücken vermieden. Teil der Strategie ist auch eine zentrale Plattform für die KI-Lösungen aufzubauen. Sonst verpuffen die Mehrwerte der KI. Außerdem sind einzelnen Insellösungen wesentlich teurer. 

Welche Rolle spielt Regulierung, z. B. durch die EU-KI-Verordnung?

Eine ganz zentrale. Der EU-AI-Act bringt klare Vorgaben mit sich, etwa zur Risikoklassifikation, zu Transparenz und Kontrolle. Das bedeutet Unternehmen müssen den Einsatz von KI steuern und überwachen. Wir helfen dabei, diese Anforderungen frühzeitig zu integrieren, z. B. bei der Auswahl von Modellen, bei der Dokumentation oder im Umgang mit sensiblen Daten. Der KI-Führerschein ist beispielsweise ein Training, das Mitarbeiter auf den Umgang mit KI gemäß dem EU-AI-Act schult.  

Und welche Branchen sind besonders gefragt? 

Grundsätzlich ist KI ein Thema, das völlig unabhängig von Branche oder Wirtschaftszweig einen Mehrwert liefert. Egal ob es um Arbeitserleichterungen, Wissensspeicherung, Effizienzgewinne oder das Einhalten von regulatorischen Vorgaben geht. Beispielsweise stehen die Finanzdienstleister oder auch die Pharmabranche unter hohem Druck, Regularien umzusetzen bzw. einzuhalten. Hier bieten wir bereits KI-Lösungen an, die die Umsetzung und die Prüfung von Regulatorik erheblich zu beschleunigen, z.B. zum Thema Vertragsprüfung auf DORA. Der andere Bereich ist die Pharmaindustrie, die mit den GxP-Prüfungen vor einem gewaltigen Aufwand stehen, den wir mit unserer KI-Lösung deutlich reduzieren können.  

>>> Mehr zum Consileon Regulatorik-Radar erfahren

Was raten Sie Entscheidern?

Behandeln Sie KI wie ein strategisches Investment, nicht wie ein Experiment oder eine technische Spielerei. Denken Sie von Anfang an zukünftige Entwicklungen. Bauen Sie eine tragfähige Architektur, etablieren Sie Governance und nehmen Sie Ihre Belegschaft von Anfang an mit auf die Reise. Und vor allem: Fangen Sie an! Heute! Aber mit System und klaren Zielen.