Zwischen Offenheit und Zurückhaltung – das Spannungsfeld der Teamkommunikation verstehen  

Projektteams bewegen sich in einem kommunikativen Spannungsfeld. Einerseits wird Offenheit und Transparenz erwartet, intern wie extern. Andererseits zeigen sich im Alltag klare Grenzen. Teammitglieder zögern, Kritik offen zu formulieren, um die interne Gruppendynamik nicht zu stören und um nach außen hin zu anderen Organisationseinheiten Geschlossenheit und Einigkeit zu demonstrieren. 

Diese widersprüchlichen Anforderungen – bekannt als Double Bind (ein Konzept von Gregory Bateson) – zwischen Offenheit und Verschwiegenheit lassen sich nicht eindeutig auflösen. Sie sind strukturell bedingt und damit Teil der Realität von Teamkommunikation. 

Wer mit Teams arbeitet, sollte verstehen, dass viele Kommunikationsprobleme keine individuellen Fehler sind, sondern Ausdruck dieser Spannungsverhältnisse. Entscheidend ist, kreative und produktive Wege zu finden, um konstruktiv mit diesen Widersprüchen umzugehen. 

Kommunikative Widersprüche im Projektalltag sichtbar machen 

Projekte profitieren vom Austausch, wobei jede Information jederzeit weitergegeben werden kann. Gerade in komplexen Vorhaben entstehen schnell Spannungen zwischen dem Wunsch nach Transparenz und der Notwendigkeit zur Zurückhaltung. Diese Spannung ist kein Ausnahmefall, sondern strukturell angelegt. 

1. Informationskonflikte zwischen Linie und Projekt 

Ein gängiges Szenario ist, dass Angestellte im Projekt tätig sind, jedoch weiterhin mit ihrer Abteilung bzw. Linie in Verbindung stehen oder dorthin zurückkehren. Diese ist interessiert am Projektfortschritt, nicht zuletzt, weil die Ergebnisse spätere Arbeitsprozesse betreffen. Gleichzeitig sind manche Informationen im Projekt bisher nicht entscheidungsreif oder offiziell abgestimmt. Die betroffenen Mitarbeiter geraten in einen Loyalitätskonflikt, denn sie wissen mehr, dürfen aber nicht alles teilen. 

2. Unklare Rollen – doppelte Adressierung 

Ein weiteres Spannungsfeld entsteht, wenn z. B. Teilprojektleitungen offiziell berichten sollen, gleichzeitig aber Mitarbeiter direkt von außen angesprochen werden. Werden dabei Vorabinformationen geteilt, kann das die Rolle der Leitung untergraben, Vertrauen stören und zu widersprüchlichen Botschaften führen. Die Folgen sind Unsicherheit, widersprüchliche Botschaften und das Risiko, dass Aussagen im Sinne einzelner Interessen strategisch ausgelegt werden. 

3. Erwartungen sind berechtigt, aber widersprüchlich 

Sowohl Stakeholder als auch Projektteams haben nachvollziehbare Interessen. Doch ohne klare Absprachen, wie mit Informationen umgegangen wird, drohen Missverständnisse, Drucksituationen oder der Verlust von Steuerbarkeit. Es geht nicht um ein „entweder oder“, sondern um die bewusste Gestaltung eines Spannungsfelds, das viele Projekte begleitet. 

Diese Beispiele zeigen, dass die Spannung zwischen Transparenz und Zurückhaltung kein individuelles Fehlverhalten ist, sondern Ausdruck struktureller Dynamiken im Projektalltag. Sie lässt sich nicht vollständig auflösen, wohl aber gestalten. 

Wie kann also mit der kommunikativen Spannung konstruktiv umgegangen werden? Transparenz erfordert nicht nur den Willen zur Offenheit, sondern auch passende Strukturen, klare Rollen und ein bewusstes Abwägen. Unsere Lösungsansätze zielen darauf ab, Teams in solchen Situationen Orientierung zu geben und Kommunikation gezielt steuerbar zu machen. 

Kommunikation steuern zwischen Offenheit und Schutz 

Transparenz lässt sich nicht einfach verordnen, sie benötigt Struktur, Klarheit und ein gutes Gespür für Timing. Genau hier setzen unsere Lösungsansätze an: Sie helfen Teams, in komplexen Situationen handlungsfähig zu bleiben, ohne dabei Vertrauen oder Verbindlichkeit zu verlieren. 

Drei Hebel haben sich dabei in der Praxis bewährt: 

1. Struktur schafft Sicherheit: Kommunikationsprozess klar gestalten 

Teams benötigen klare Kommunikationsstrukturen, insbesondere im Umgang mit sensiblen Informationen. Entscheidend ist, dass geregelt ist, wer welche Inhalte wann und in welchem Rahmen adressiert. Klare Austauschformate, definierte Schnittstellen und regelmäßige Reflexionsräume sorgen dafür, dass wichtige Informationen fließen, ohne dabei alle Dämme brechen zu lassen. Besonders wirksam sind Kommunikationsformate, die sowohl Überblick geben, als auch Raum für Unsicherheiten lassen. 

2. Rollen klären, Erwartungen steuern 

Jeder sollte wissen, wofür er spricht und was er (noch) nicht weitergeben kann. Es ist nicht nötig, dass jeder alles weiß. Klare Kommunikationsrollen – nach innen und außen – helfen, Missverständnisse zu vermeiden und sensible Informationen zu schützen. 

Ebenso wichtig ist es, Linienmitarbeiter frühzeitig einzubinden. Ihre Perspektive ist oft der Schlüssel zu einer realistischen Ressourcenplanung und zur Akzeptanz von Entscheidungen. 

3. Transparenz mit Augenmaß und Haltung 

Nicht alle Informationen lassen sich zu jedem Zeitpunkt offenlegen. Entscheidend ist, wie mit diesen Grenzen umgegangen wird: Wer nachvollziehbar kommuniziert, warum bestimmte Inhalte (noch) vertraulich sind, schafft Vertrauen trotz begrenzter Offenheit. Eine bewusst gestaltete Kommunikationskultur, mit definierten Feedbackformaten, moderierten Austauschprozessen und klaren Regeln im Umgang mit sensiblen Themen, unterstützt eine verantwortungsvolle Balance zwischen Transparenz und notwendiger Zurückhaltung. 

Kommunikation im Wandel braucht Orientierung, nicht totale Offenheit 

Die Spannung zwischen Transparenz und Intransparenz ist kein Problem, das sich vollständig auflösen lässt, wohl aber ein Feld, das aktiv gestalten werden kann. Entscheidend ist, Kommunikation nicht dem Zufall zu überlassen: Klare Strukturen, definierte Rollen und eine bewusst gestaltete Kommunikationskultur helfen Teams dabei, auch unter Unsicherheit handlungsfähig zu bleiben. 

Wer die Paradoxie erkennt und sie nicht als Störung, sondern als gestaltbares Spannungsfeld versteht, schafft die Grundlage für tragfähige Zusammenarbeit – auch (und gerade) im Wandel. 


Quelle: Torsten Groth & Gerhard Krejci: Teams | Paradoxe Anforderungen